Biotoecus opercularis "New Tapajos" ein Zucht- und Haltungsbericht von Axel Gentzsch

08.05.2013 23:08

Biotoecus opercularis "New Tapajos" ein Zucht- und Haltungsbericht von Axel Gentzsch

 

Zum ersten Mal las ich vor ein paar Jahren in Römers Cichliden Atlas vom Biotoecus opercularis. Dort wurde er vom Verhalten her als äußerst interessanter aber auch heikler Pflegling beschrieben. Mit einer Größe von 4-5cm gehört er zu den eher kleinerer Zwergbuntbarschen. Einen weiteren lesenswerten Bericht zu B.opercularis gibt es im Zwergbuntbarsche von Mayland/Bork. Ansonsten habe ich zu dieser Art wenige Informationen in der Literatur gefunden. Die Beschreibungen zu B.opercularis über Aussehen und Verhalten decken sich größtenteils mit den Beobachtungen, die ich bei Biotoecus sp."New Tapajos" gemacht habe.

Anfang April bekam ich dann nicht ganz ausgewachsene Nachzuchten von Biotoecus aus dem Rio Tapajos in Brasilien.

Für einen guten Start desinfizierte ich erstmal das Aquarium samt Technik mit Wasserstoffperoxid. Da der Biotoecus gerne im Sand wühlt und lange filigrane Bauchflossen hat, kam als Bodengrund nur feiner, nicht scharfkantiger Quarzsand in Frage. Dann unterteilte ich das Becken mit ein paar Moorkienwurzeln und großen Flußkieseln in zwei Hälften. Das Becken hat ein Bodenmaß von 120x35cm und sollte zwei Paaren Platz bieten. Damit den Tieren viel freie Sandfläche zum spielen bliebe, bepflanzte ich das Becken erstmal sehr spärlich. Zum Ausgleich dafür hängte ich die Wurzeln von Efeutute Ablegern mit ins Becken und impfte es noch mit verschiedenen Schneckenarten. Danach ließ das Aquarium erstmal drei Wochen mit einem stark gedrosselten Außenfilter und einem zusätzlichen Luftheber laufen.

Kurz bevor die Vier einziehen sollten, übergoss ich noch ein paar Buchenblätter mit kochendem Wasser und verteilte sie mit ein paar Tonhöhlen im Becken.

In der Literatur wird empfohlen, die Tiere bei Wasserwerten nicht unter 27°C, sauer und ionenarm zu halten. Die Temperatur stellte ich dann auch auf 26-27°C ein, aber da die Tiere beim Händler bei ca. 500µs schwammen, ließ ich den Leitwert in dem Becken erstmal bei 400µs. Ich wollte das Aquarienwasser mit den Fischen zusammen langsam an die empfohlenen Wasserwerte anpassen.

Anfang April kamen dann die vier Biotoecus sp."New Tapajos". Ich hatte zwar zwei Paare bestellt, war mir aber anfangs überhaupt nicht sicher, welche Geschlechter da herum schwammen. Sie waren überhaupt nicht scheu und fraßen alles, was ich ihnen an Lebend- und Frostfutter anbot.

Gleich am zweiten Tag begannen die ersten Revierstreitigkeiten. Beide Männchen besetzten jeweils eine Höhle in der linken und in der rechten Ecke des Beckens. Während ein Männchen auch gleich ein Weibchen an seiner Seite hatte, verjagte das zweite Männchen ständig das zweite Weibchen und warb hartnäckig um das schon vergebene. Glücklicherweise fand das noch nicht akzeptierte Weibchen in der Beckenmitte zwischen Moorkienwurzeln und Pflanzen ein gutes Versteck.

Nach ein paar Tagen waren die Geschlechter recht gut zu unterscheiden. Beide Männchen hatten deutlich länger ausgezogene Bauchflossen und waren im Vergleich zu den Weibchen größer. Das deutlichste Unterscheidungsmerkmal bei den Weibchen ist der violett schillernde Kugelbauch kurz vor der Eiablage. Ob sich bei den Männchen auch noch die Zipfel der Schwanzflossen verlängern, wird sich wohl erst im Alter zeigen. Nach einer knappen Woche hatte sich auch das zweite Paar gefunden und ich war sicher, dass beim Händler tatsächlich zwei Paare heraus gefangen wurden.

Die sonst eher dezent gefärbten Tiere schillern während der Balz sehr prächtig in rot/blau/grünen Pastellfarben. In der Nähe der Bruthöhle werden kleinere Gruben ausgehoben. Das Männchen schiebt immer wieder wie ein kleiner Bagger mit gespreizten Kiemendeckeln und Brustflossen Sand vor sich her, während das Weibchen aufgeregt um ihn herum schwimmt. Schließlich verschwanden beide gegen Abend in der Höhle. Sie heftete über eine knappe Stunde Eier an die Höhlendecke, während er immer wieder aufgeregt in die Höhle schwamm, dann ging das Licht aus...

Den Leitwert hatte ich inzwischen durch tägliche 10% Wasserwechsel auf 280µs gesenkt und der pH-Wert lag bei 7,5. Es gab also nicht viel Hoffnung, dass aus den Eiern Larven schlüpfen, es waren auch schon ein paar verpilzte Eier zu sehen. Das Weibchen hielt sich selten in der Höhle auf und schien die verpilzten Eier auch nicht raus zupicken. Es stand öfters im Höhleneingang und fächelte so mit den Brust- und Schwanzflossen frisches Wasser ins Höhleninnere. Kurz darauf hatte auch das zweite Weibchen abgelaicht. Beide Paare beäugten sich misstrauisch über ca. 80 cm Entfernung. Die Männchen hielten sich immer in der näheren Umgebung der Höhle auf und wurden vom Weibchen auch direkt bei der Höhle geduldet. Die Paare nahmen auch gerne das angebotene Frostfutter an.

3-4 Tagen nach Eiablage schlüpften die Larven. Das erste Paar harmonierte immer noch bestens. Während sie die Larven pflegte und an der Höhlendecke immer wieder umhängte, wachte er über der Höhle und schwamm Scheinangriffe gegen das benachbarte Pärchen. Nach ein paar Tagen schwammen die Jungen frei herum und wurden von beiden Eltern immer wieder eingesammelt und in die Gruppe zurück gespuckt. Ich fütterte 3x täglich abwechselnd mit Mikrowürmchen und frisch geschlüpften Artemia-Nauplien. Ab und zu bekamen die Elterntiere Artemia-Frostfutter, ansonsten ernährten sie sich auch vom Aufzuchtfutter.

Beim zweiten Paar verlief das Brutgeschäft nicht so reibungslos. Das zweite Weibchen duldete ihr Männchen nur die ersten zwei Tage nach der Eiablage und schickte ihn danach in die Wüste. Nun musste er sich im Schutz von Pflanzen und Moorkienwurzelstücken in der Beckenmitte verstecken. Nachdem auch bei der Alleinerziehenden die Jungen anfingen freizuschwimmen, wurde es immer schwieriger für sie, ihren Schwarm zusammenzuhalten. Nach und nach haben sämtliche Junge über die Grenze Beckenmitte zu den Nachbarsjungen rübergemacht. Immer wieder schwamm die verlassene Mutter in das fremde Revier um die Jungen zurück zu treiben. Sie brauchte einen ganzen Tag, um zu kapieren, dass sie gegen das Paar nichts ausrichten konnte und gab die Jungen schließlich auf. Während den Auseinandersetzungen gab es zwar keine sichtbaren Verletzungen aber es war doch recht stressig für alle Tiere. Zwei Brutpflege betreibende Paare in dem Becken sind nicht ideal. Anfangs hatte ich noch Bedenken, ob die Nachbarsjungen gut aufgenommen werden. Aber Daniela hatte Recht, es wird gehütet was es zu hüten gibt, ohne gezielte Differenzierung nach Alter, Größe oder Zugehörigkeit der Jungfische im Schwarm.

Bei dem Becken lasse ich über eine Dimmsteuerung das Licht langsam runterdimmen. Es sah genial aus, wenn die Eltern mit Beginn der Dämmerung über eine halbe Stunde lang die Jungen in einer 20 cm langen Prozession zurück in die Höhle führten. Er sicherte das Terrain und sie legte sich in den Höhleneingang, während die Jungen langsam an ihr vorbei ins Innere gleiteten. Die Jungen wurden über 3-4 Wochen sehr intensiv betreut und sind gute Fresser. Die Fütterung verteilte ich auf dreimal am Tag. Sie bekamen außer Artemia-Nauplien noch gefrostete Bosmiden und junge lebende Wasserflöhe.

Zwischendurch hatte ich das zweite Paar aus dem Becken entfernt, nachdem es anfing, das nächste Gelege vorzubereiten. Durch das Herausfangen war das verbliebene Paar mit seinen Jungen erstmal sehr schreckhaft und ließ sich nur durch das Gewusel von lebenden Wasserflöhen etwas beruhigen. Trotzdem scheinen sie mir die Fangaktion mit dem Kescher bis heute nachzutragen.


Der Biotoecus sp. "New Tapajos" hat sich als nicht ganz so heikel und scheu herausgestellt, wie der Biotoecus opercularis oftmals in der Literatur beschrieben wird. Dennoch ist er nur bedingt gesellschaftsfähig. Mit Wildguppies oder kleinen, ruhigen oberflächenorientierten Salmlern, wie z.B. Nannostomus eques, lässt sich diese interessante Art gut vergesellschaften und auch Nachzuchten dürften wegen der perfekten Betreuung möglich sein.
Mit bodenorientierten Fischarten, wie den meisten Welsarten, würde ich diese filigranen Zwerge nicht zusammen halten.

Vergesellschaftung

Seit ungefähr einem Jahr halte ich nun eine 13er Gruppe Nachzuchten von Biotoecus opercularis "Tapajós" zusammen mit einem Paar Mikrogeophagus altispinosus, 30 Nannostomus eques und mehreren Sturisomas aureum. Die Vergesellschaftung in dem mit Pflanzen und Moorkienwurzeln gut strukturierten Becken klappt ausgezeichnet.

Die Männchen haben an Schwanz- und Brustflossen schön ausgezogene Filamente entwickelt und sind inzwischen 6cm groß. Die Weibchen sind etwas kleiner. Gefressen wird nahezu alles, was ich an Frostfutter anbiete, Artemias, Bosmiden, weiße und schwarze Mückenlarven. Lebendfutter wird natürlich am liebsten gefressen.

Die Weibchen leben im lockeren Gruppenverband, während die Männchen im ganzen Becken feste Reviere mit Höhlen bezogen haben. An den Reviergrenzen kommt es zwischen den Männchen immer wieder zu Drohgebärden und harmlosen Rangeleien. Wenn sich dann ein laichbereites Weibchen mit rosa gefärbtem Bauch einfindet, kommt es zwischen benachbarten Männchen auch zu heftigeren Kämpfen, bei denen der Rest der Gruppe den Kontrahenten zuzuschauen scheint. Bisher sind dabei bei keinem Tier Verletzungen aufgetreten, was vielleicht auch an der Grundfläche (160x60cm) des Beckens liegt. Nachdem das Kräftemessen beendet ist und das Weibchen sich entschieden hat, ziehen sich beide Männchen wieder in ihre Reviere zurück. Das Paar beginnt dann mit mehrtägigem Balzen und mit dem Ausheben von Gruben nahe der Höhle.

 

Wir bedanken uns recht herzlich bei Axel Gentzsch für den Zuchtbericht von Biotoecus opercularis "New Tapajos".

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